„Wird ein absolutes Stressspiel“
Profis |
80 Minuten beste Unterhaltung! In einer verrückten Partie mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten dreht die U17 des SV Wehen Wiesbaden gegen die SG Kelkheim einen 0:3-Pausenrückstand in einen 4:3-Sieg und feiert damit den dritten Sieg in Folge.
Das erste Spiel nach der feststehenden Hessenliga-Meisterschaft startete der SVWW mit einem satten Pfostenknaller von Karim Zeghli (1.). Allerdings schlichen sich in der Folge trotz der spielerischen Überlegenheit immer wieder Unkonzentriertheiten ein, die die Gäste aus Kelkheim gleich doppelt bestraften: Zwei SVWW-Ballverluste in der Vorwärtsbewegung, zwei schnelle Gäste-Konter - und plötzlich stand es 0:2 (9./19.).
Die Rot-Schwarzen mühten sich ihrerseits, Torchancen zu kreieren, vertändelten dabei aber in den entscheidenden Momenten die Kugel, anstatt mal den Torabschluss zu suchen. So verpuffte ein vielversprechender Angriff nach dem nächsten gegen resolut verteidigende Gäste. Hinzu kam der mangelnde Killerinstinkt vor dem Tor. Bestes Beispiel dafür war Yusuf Ürel, der nach uneigennützigem Querpass von Jermaine Parker am leeren Kasten vorbei schoss.
Ansonsten hatte das Offensivspiel des SVWW zu wenig Tempo und zu wenig Bewegung, die Statik des Spiels glich einer Handball-Partie, in der eine Mannschaft den Ball rund um den gegnerischen Strafraum zirkulieren lässt, ohne dabei eine Lücke zu finden. Dieses Auftreten spielte Kelkheim in die Karten, denn in der 36. Minute konterten die Gäste ein weiteres Mal und erhöhten auf 3:0. Bei diesem Zwischenstand rieben sich die Zuschauer aus beiden Lagern verdutzt die Augen.
Doch das Blatt sollte sich nach der Pause tatsächlich wenden, denn der spürbar angestachelte Tabellenführer wollte die desolate Vorstellung von vor der Pause vergessen machen und zündete einen Turbo, der seinesgleichen suchte. Den Anfang machte Philipp Volk, der nur wenige Sekunden nach Wiederanpfiff humorlos aus Nahdistanz auf 1:3 verkürzte und sein Team zur Aufholjagd animierte (41.).
Es folgten die vier Minuten des Karim Zeghli: Der Innenverteidiger, den nahezu nichts mehr hinten hielt, traf nach Ürel-Ecke ebenso freistehend wie entschlossen zum 2:3 (47.). Wenig später behielt er dann nach feinem Zuspiel von Simon Lüders alleine vorm Keeper die Nerven und erzielte den 3:3-Ausgleich (51.). Elf Minuten im zweiten Durchgang reichten also, um den 0:3-Rückstand zu egalisieren. Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, setzten die Rot-Schwarzen noch einen drauf: Baldasar Nikolic flankte punktgenau auf Parker, der per Direktabnahme die kuriose Partie endgültig auf den Kopf stellte und für das 4:3 sorgte (56.).
Danach ließ es der SVWW dann etwas lockerer angehen, verbuchte aber bis zum Schluss weitere Riesenchancen. So verzog Lüders einen Schuss von der Sechzehnerkante knapp, ehe in der Schlussphase sowohl Noel Eichinger (70.) als auch Ürel (72.) und Vasili Polichronakis (78.) im direkten Duell am Keeper scheiterten und einen höheren Sieg vergaben. Nichtsdestotrotz war es ein Spiel mit bestem Unterhaltungswert!
"Ganz einfach zusammengefasst: Die erste Halbzeit war katastrophal, die zweite phänomenal", brachte es SVWW-Trainer Damir Agovic auf den Punkt: "Vor der Pause hatten wir keine Bewegung im Spiel und haben viel zu lange den Ball geschleppt. Zudem hat das defensive Umschaltspiel überhaupt nicht funktioniert, die Jungs haben den Ball verloren, sind einfach stehen geblieben und haben Kelkheim zum Toreschießen eingeladen. Im zweiten Durchgang haben wir dann Vollgas gegeben, Power-Fußball gezeigt und dem Gegner keine Luft zum Atmen gelassen."
Mit dem Sieg behält der seit dem vergangenen Wochenende als Meister feststehende SVWW die acht Punkte Vorsprung vor dem Zweitplatzierten aus Darmstadt und hat nun in 25 Spielen 65 Punkte geholt. "Wir haben in dieser Saison schon viele Spiele gedreht. Das ist sicher kein Zufall, sondern zeigt zum einen, dass jeder Gegner gefährlich sein kann, wenn wir zu sorglos und unkonzentriert agieren. Zum anderen spricht es ganz klar für den starken Charakter und Willen der Mannschaft. Daher hoffe ich einmal mehr, dass die Jungs aus so einem Spiel wieder wichtige Erkenntnisse und Lehren ziehen - gerade auch im Hinblick auf die Aufstiegsspiele", meinte Agovic.
SVWW: Dorth - Karimi (25. Volk), Nikolic, Zeghli, Polichronakis - Sfarca (41. Hamidovic), Lüders - Letizia (25. Eichinger), Ürel, Niechcial (41. Aktas) - Parker